SERIE: Das kleine 1x1 der Hundeerziehung

von Dr.med.vet.Felicia Rehage

 

 

Teil 4: Sozialisation auf Menschen:

Ätsch, ich bin Tabu!

 

Ihr Welpe hat seine Mama und die Geschwister mit acht oder zehn Wochen verlassen und lebt fortan als Vierbeiner unter zweibeinigen Rudelgenossen. Den größten Teil der Hundeetikette beherrscht er dennoch fast perfekt, denn eine Reihe sozialer Verhaltensweisen sind ihm angeboren. Nur: Übung macht auch in diesem Fall den Meister!

Für sein späteres Leben ist es sehr wichtig, dass er gerade jetzt, als kleiner Welpe, freien Umgang mit anderen Hunden hat und soziale Verhaltensweisen trainiert. Noch hat er Welpenschutz, d.h. erwachsene gesunde Hunde tun ihm nichts. Er kann sich die größten Frechheiten herausnehmen. Wenn er sich anschließend auf den Rücken wirft und pinkelt, was er ja sobald es brenzlig wird auch prompt tut, ist erfür jeden noch so verärgerten Erwachsenen Tabu.

Der Umgang von Hunden miteinander ist ein hochsensibles, fein austariertes, faszinierendes "gesellschaftliches Ereignis". Auch wenn es dabei manchmal laut und spektakulär zugeht, wenn imponiert, gedroht, gekläfft, geknurrt, angetäuscht und ausgetrickst und nicht selten sogar intrigiert wird, handelt es sich dabei um ein sehr präzises und feines Kommunikationssystem.

Zugegeben: Das Ganze ereignet sich manchmal so laut und so heftig, dass es für den ungeübten Beobachter mitunter höchst dramatisch aussehen kann. Mit anderen Worten, Herrchen rutscht das Herz bis zu den Knien, und er möchte nur noch eines: das nackte Leben seines kleinen Hundes retten!

 

Dabei sind die Sorgen, so unglaublich das auch klingen mag, unbegründet. Hunde einigen sich ohne Blutvergießen, vorausgesetzt, sie können frei agieren, die jeweiligen Angehörigen mischen sich nicht ein, und

ganz wichtig, die Tiere sind mit den Feinheiten hundlicher Kommunikation von Welpenbeinen an vertraut.

Das fängt mit den banalsten Dingen an. Denn wie soll ein Bernhardiner auf Anhieb, das kleine flauschig-wuselige Gebilde, das ihn entfernt an Frauchens Mop erinnert, als Yorkshire-Terrier, also als Mit-Hund überhaupt erkennen und respektieren, wenn er dies als Welpe nicht gelernt ha?

Und umgekehrt: Woher soll ein Westie-Rüde ahnen, dass es bei seiner Größe nicht gerade opportun ist, sämtliche ausgewachsenen Rottweilerrüden anzugehen, die ihm in die Quere kommen, wenn er als Kind nicht erfahren hat, dass es manchmal sehr klug sein kann klein beizugeben?

Kurz und gut, Ihr Welpe braucht die Gesellschaft anderer Hunde. Er muss sich mit größeren, kleineren, jüngeren, älteren, gleich- und verschiedengeschlechtlichen Tieren frei auseinandersetzen dürfen.

Er muss lernen, seine Kräfte und Fähigkeiten einzuschätzen.

Er muss herausfinden, wo welche Frechheiten erlaubt sind und wann eher Bescheidenheit angebracht ist. Wie bereits erwähnt, noch genießt er den Welpenschutz d.h. erwachsene gesunde Hunde tun ihm nichts.

Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen, wenn der Welpe bei einer solchen Begegnung winselt oder gar quiekt, die Rute einklemmt oder sonst "ängstlich reagiert. Dies alles gehört zum Ritual und ist überhaupt kein Grund für Sie, sich einzumischen, denn es handelt sich um situationsgerechte, altersgemäße Verhaltensweisen. Ihr Welpe wird sich, wenn es darauf ankommt, auf den Rücken legen und pinkeln und somit dafür sorgen, dass ihm nichts passiert.

 

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