SERIE: Das kleine 1x1 der Hundeerziehung

von Dr.med.vet.Felicia Rehage

Teil 2: Ein Blick in die Zukunft:

Was darf's bitte für ein Hund sein?

 

Könnten wir Sie einmal kurz sprechen?

Ich meine, nachdem Sie zum 27sten Mal mit Ihrem Welpen draussen waren, den Ficus Benjamin (Wie? Das war kein Sandkasten?) wieder eingetopft, Ihre neuesten Paar guter Schuhe ( Haben aber gut geschmeckt!) in den Müll entsorgt und Ihre ramponierten Finger (Komm, wir spielen!) desinfiziert haben, hätten Sie jetzt einen Moment Zeit für ein paar Gedanken über die Zukunft?

Gut. Dann wollen wir uns gemeinsam überlegen, wie Sie Ihren Hund für die nächsten zwölf oder fünfzehn Jahre haben wollen. Und wie nicht.

Die Weichen werden jetzt gelegt, da machen wir uns gar nichts vor. Denn der Hund lernt vom ersten Tag an. Das kann man nicht verhindern, selbst wenn man es wollte. Die Frage ist nur, was er lernt.

Ein Beispiel:
Halten Sie ihn von Kindern grundsätzlich fern, damit er mit Unruhe, Lärm und Unberechenbarkeit nicht "überfordert" wird, dann wird er daraus folgern, dass Menschenkinder "irgendwie unheimlich" sind. Und er wird ihnen später entsprechend unsicher, ängstlich, misstrauisch oder sogar aggressiv begegnen.

Die Frage aller Fragen ist also:
Wie stellen Sie sich Ihren Hund für die nächsten vielen Jahre vor?

Oder haben Sie da noch gar keine richtige Vorstellung? Haben Sie vieleicht gedacht, das werde sich schon irgendwie ergeben?

Sie wollen "einfach so" einen Familienhund? Ein friedfertiges, nettes Tier, das zu allen und besonders auch zu Kindern lieb und freundlich ist und sogar den Briefträger unversehrt von dannen ziehen lässt?
Sie haben Recht:
Es ist wunderbar, mit solch einem Tier zusammenzuleben. Stressfrei, erfreulich, friedlich - einfach schön.

Nur:die allermeisten Hunde brauchen liebevolle, konsequente und verständnisvolle Führung, um so zu werden.

Oder wünschen Sie sich vieleicht einfach etwas Kleines, Wohltuendes, Wuschelig-Lebendiges, Unkompliziertes? Gut. Aber vergessen Sie bitte nicht, dass auch der kleinste Hund in Urzeiten einmal Wölfe zu seinen Vorfahren hatte, zum Teil heute noch in durchaus wölfischen Kriterien denkt und, wie klein und niedlich auch immer, als Hund begriffen und respektiert werden will.

Oder träumen Sie von der "Männerfreundschaft" , von dem Kameraden, der mit Ihnen durch Dick und Dünn geht, der Ihnen durch seine Grösse und Erscheinung Respekt verschafft? Vom gleichberechtigten Partner, der den Leuten, mit denen Sie nicht können, schon zeigen wird usw.?

Vorsicht, Vorsicht! Gerade diese Hunde neigen unpraktischerweise dazu, es nach und nach allen zu zeigen: Ihren Kindern und Familienangehörigen, weil ihm diese wesentlich öfter in die Quere kommen als Ihre Erzfeinde oder gar Einbrecher. Und am Ende auch Ihrem Herrn, weil Hunde mit gleichberechtigten Partnerschaften auf Dauer so ihre Schwierigkeiten haben. Warum das so ist, werden wir noch näher erläutern.
Fürs erste: Glauben Sie es uns einfach.

Mit folgender Tatsache werden Sie daher leben müssen: Sie haben sich definitiv nicht ein "neues Familienmitglied" angeschafft!

Im Gegenteil: Sie sind ab jetzt keine Familie mehr, sondern ein Rudel.

Und dort gelten die altbewährten, klaren, konsequenten Prinzipien wölfischen Miteinanders.
Sie haben die Wahl: Versuchen Sie, aus Ihrem Hund einen vierbeinigen Beinah- oder Ersatzmenschen zu machen und Sie und/oder Ihr Hund werden Schiffbruch erleiden.

Oder lernen Sie zu denken und zu handeln wie ein (Über-)Hund, respektieren und befolgen Sie die Regeln des Rudellebens, übernehmen Sie den Posten des Leitieres und das Ganze wird ein Erfolg, für Sie und für Ihren Hund.

"Ja, aber wie machen?" fragen Sie jetzt. Wir werden mit Ihnen in dieser Serie einige der häufigsten Fehlerquellen der "Beziehungskisten" zwischen Mensch und Hund gemeinsam durchgehen und Ihnen dabei helfen, Ihren Hund wirklich zu verstehen.

Denn dann, und nur dann, kommen Sie mit ihm in jeder Situation zurecht.

Lesen Sie bitte weiter:

Teil 3: Sozialisation auf Menschen:

Wie wär's mit 'ner Party?

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